Football Eindrücke Tour-2024
Die Stimmung in den Stadien war höchst unterschiedlich. Einerseits machte sich bemerkbar, dass wir uns schon ziemlich in der Mitte der Saison befanden, was bedeutete, dass jene Teams, deren Performance bisher eher unterdurchschnittlich war, wenige Zuschauer begrüßen durften, als es wohl zu Beginn der Saison üblich war. Dies betraf vor allem College Teams, wie die Aztecs aus San Diego, Stanford oder die USC Trojans im Los Angeles Coliseum, dort machte sich das besonders bemerkbar, fasst das Stadion doch mittlerweile zwar nur noch 77.500 Zuschauer (statt früher über 90.000), in dieser Riesenschüssel sehen knapp 40.000 Fans trotzdem kärglich aus. Andererseits war es in Reno beim Arizona Wolfpack saukalt, was außer uns beiden auch nicht wirklich viele ins Stadion lockte. Am besten war die Stimmung im Levi`s Stadium in San Franzisco, kein Wunder, spielten sie doch quasi das Rematch der letzten Superbowl gegen die Chiefs aus Kansas City. Da war wirklich der Teufel los und das Stadion war ausverkauft und der Gegner wirkte sich so nebenbei auch auf die Ticketpreise deutlich aus, für dieses Spiel waren die Tickets mit Abstand am teuersten.
Das Coaching war bei den NFL-Spielen äußerst konservativ. Kaum ein vierter Versuch wurde ausgespielt, bei 3. und 20 wurde gelaufen (warum auch immer) und damit in 99,9% der Versuche das First Down nicht erreicht. Das hätten wir den Coaches auch vorhersagen können, dass das so nix wird, aber wie üblich hat niemand auf uns gehört. Generell: oft sehr durchschaubare Spielzüge, kaum Trickspielzüge und wenn, dann solche, die sie sich von der NCAA abgeschaut hatten, wie überhaupt die Coaches in der NCAA sich viel experimentierfreudiger präsentierten, da wurden schon ein paar Leckerbissen ausgepackt, wie beispielsweise ein ziemlich komplexer Punt-Fake oder wir sahen mehrmals mehrere Lateralpässe hinter der Line of Scrimmage und dann wirft auch mal ein Tight End einen Vorwärtspass. Bei den NCAA-Games waren die Coaches viel kreativer, auch, was die Defense betraf, dafür spielten sie erfolgreiche Spielzüge so oft und so lange, bis die involvierten Passempfänger oder Runningbacks winselnd am Boden lagen, weil sie so viele Prügel einstecken mussten, als die Defense den Spielzug endlich kapiert hatte.
Die Schiedsrichter: Manche von ihnen befanden sich offenbar auf ihrem ersten Training on the Job-Mission, denn sie sahen gar nix. Da konnten die Defensive Liner dem blockenden O-Tackle das Gesichtsgitter zerbeißen und die Schiris warfen kein Flag. Und eigentlich sahen wir Spiele, wo bei jedem zweiten Spielzug eine Offense-Holding zu werfen gewesen wäre und nix ist passiert. Das führte logischerweise dazu, dass sich die O-Liner noch häufiger an ihre Gegenspieler krallten, weil die zuständigen Refs entweder blind waren oder lieber den Receivern beim versuchten Passfang zusahen. Hin und wieder platzte einem der routinierteren Schiris (Umpire oder Head) der Kragen und sie warfen von der anderen Seite des Spielfeldes ein Flag in Richtung der Bösewichter, weil die zuständigen Schiedsrichter grad wieder mal lieber den Cheerleadern zusahen. Jedenfalls ist es erstaunlich, dass in der mit Abstand besten Football Liga der Welt solche Pfeifen pfeifen dürfen. Wir haben auch noch keinen USA-Trip erlebt, bei dem derart viele Flags zurückgenommen wurden. Auch sehr seltsam. Voll konzentriert haben sich die Schiris jedoch auf Pass-Interfierences, wobei sie da auch sehr massiv und unbeirrt in 99% der Fälle dem Cornerback das Foul anlasteten, auch in fragwürdigen Fällen, wo beide gegenseitig an sich herumfummelten oder sich beide hielten.
Die Stadien: Reno war nett aber kalt mit klassischer College-Ausstattung: Einheitsfutter und Alubänke zum Sitzen, Das Coliseum in San Francisco ist ja bereits fast hundert Jahre alt, dafür haben sie dort Plastiksesseln montiert. Das Stanford-Stadium ist genial, weil in einen Mugel hineingebaut, du glaubst, Du bist in einem Park, dann gehst Du eine Treppe hinauf und auf einmal liegt das Stadion unter Dir. Sehenswert! Levi`s Stadium ist ein klassisches NFL-Stadion, 68.500 Plätze, vor 10 Jahren neu erbaut und eröffnet, modern, Futter: Einheitsbrei. Architektonisch geil ist das SOFI-Stadium in LA, das wurde ja bekanntlich nagelneu errichtet, ist ein riesiger Dom und die Rams und Chargers teilen sich die Halle mit einem ovalen Mega-Screen, der direkt unter dem Dach und ober dem Spielfeld hängt. Außergewöhnlich! Das State Farm Stadium der Arizona Cardinals in Phoenix wurde 2006 eröffnet, ebenfalls also ziemlich neu, ein Dom, modern, aber eigentlich nix besonderes. Am geilsten fanden wir das Snapdragon Stadion der San Diego Aztecs, das ist auch sehr neu (2022 eröffnet), nicht soo riesig (35.000 Plätze), hat aber ein geniales Konzept für die Gastronomie, weil rund um das Stadion (aber bereits innerhalb des Sicherheitsbereiches, du kannst dich daher dort während des Spiels frei bewegen) gibt es sehr viele verschiedene Stände, wo es Speisen gibt, vor allem auch lokale Speisen, also eben keine Einheitskost, wie sonst überall mit den greulichen Hotdogs, Tacos mit Käsesauce und als Highlight ein fertiger und in der Mikrowelle aufgewärmter Burrito. Sehr fein, sehr abwechslungsreich und auch sehr ansprechend gestaltet, stadionmäßig unsere klare Nummer 1!
Das Parken beim Spiel ist generell sauteuer, unser Rekord lag bei 200 USD für einen Parkplatz direkt vor dem SOFI-Stadium. Wir wollten es halt auch einmal wirklich wissen.
beim nächsten Spiel dort gaben wir es billiger, weil wir von einer anderen Seite zum Stadion kamen und eigentlich direkt über einen Privatparkplatz stolperten, der nur 50 USD kostete. Highlight war Reno, dort ließ uns ein freundlicher Platzwart kostenlos direkt vor dem Stadion parken, wahrscheinlich, damit wenigstens der Parkplatz halbwegs voll wurde...
Das mit den elektronischen Tickets funktionierte furios. Leider immer erst direkt in den USA, weil die diesbezüglichen Apps die europäischen Datenschutzvorschriften nicht erfüllen, wahrscheinlich wissen die Amis mittlerweile alles über uns, auch, wann und wo wir das nächste Wimmerl kriegen werden. Das war uns aber wurscht, wir hatten die Footballtickets am Handy, parken geht übers Handy oder per Debit/Kredit-Karte, sogar die beiden Radtouren funktionierten einwandfrei übers Handy.
zuletzt die Sicherheit beim Spiel: da sind die Amis wirklich Weltklasse. Nämlich beim Vortäuschen, dass alles safe ist. Wenn Du zum Stadion hinkommst, glaubst Du, Du stehst in einem Flughafen bevor Du eincheckst, alles abgesperrt, Sicherheitskontrollen, Du gehst durch eine elektronische Schleuse und dahinter steht einer mit einem Handscanner und dann erst wird das Ticket elektronisch entwertet. Schaut aber alles nur so aus, denn sie lassen zwar nur durchsichtige Rucksäcke in die Stadien (was gscheit ist), aber wenn Du eine Jacke mithast, deren Säcke und Taschen mit irgendeinem Klumpert angestopft sind, beispielsweise mit Waffen oder sonst was weiß ich, dann ist das denen offenbar ziemlich wurscht, denn zweimal hab ich meine Jacke ausgezogen, der Dame neben der Sicherheitsschleuse in die Hand gedrückt und nach der Schleuse hat sie mir die Jacke wieder gegeben, also außen an der Schleuse vorbei, ohne sich für den Inhalt der Taschen zu interessieren. Und der Typ nach der Schleuse mit dem Handscanner hat dem lustigen Treiben fröhlich zugesehen, mich freundlich angegrinst und sein Handscanner war wohl nur eine Attrappe, weil benutzt hat er ihn nicht. Sie tun also auf "Safe", sind es aber bei weitem nicht.
Trotzdem: Wie immer ein tolles Erlebnis, die Marchingbands bei den Collegespielen sorgen nach wie vor für Stimmung, die Flaggenparade am Spielfeld sowie die Interpretation der US-Hymne vor Spielbeginn sind zumeist ergreifend, beim Einlauf des Heimteams gibt es wie immer kleine Feuerwerke, einmal flogen zwei F 16 übers Stadion und zweimal sahen wir als Halbzeitshow eine Flugshow von jeweils sicher mehr als 100 Drohnen, die in bunten, sich verändernden Farben leuchteten und Bilder in den Nachthimmel malten. Entertainment liegt den Amerikanern wahrlich im Blut!