Evolution im Football
Seit 1991 beschäftigen wir uns mit American-Football. Als Spieler, als Coaches und als Schiedsrichter haben wir diesen Sport von verschiedenen Gesichtspunkten betrachtet und konnten immer wieder kleinere und größere Veränderungen des Regelwerks, der Spielweise und des Coachings wahrnehmen.
Hier wollen wir euch einige davon zur Kenntnis bringen.
Als wir zu spielen begonnen haben, war der sogenannte „Kopfkontakt“ (Kopf auf Kopf) sehr beliebt bei Défense-Spielern, da dieser die meiste Wirkung beim Gegner erzielt hat und einen unvergleichlichen Impact hatte. Dies wurde auch so trainiert, und war Standard. Heute fliegt man für diese Art des „Tackelns“ vom Platz.
Schon vor geraumer Zeit konnten wir bei College-Spielen beobachten, dass die Offenses vermehrt mit drei Receivern dicht beisammen an der Sideline Aufstellung nimmt. Der Ball wird dann sofort zu dem als hintersten aufgestellten Receiver gepasst, die zwei anderen blocken sofort. Es hat Jahre gedauert, bis dies auch die NFL übernommen hat, und jetzt hat das jedes NFL-Team im Playbook.
Interessant auch, wer sich daran erinnert, die American Football Weltmeisterschaft 2011 in Österreich. Amerikanische Beobachter haben sich recht verwundert dazu geäußert, dass die Defensive-Ends mehrerer europäischer Nationalteams - darunter auch Österreich - zwar groß, aber bei weitem nicht so schwer waren, wie es damals noch in der NFL und im College Standard war. Dafür waren diese Spieler sehr athletisch, schnell und beweglich und bedeuteten eine neue, zusätzliche und für amerikanische Verhältnisse ungewohnte Gefahr für den Quarterback. Mittlerweile hat dieser Spielertyp die schweren und weniger beweglichen Defensive-Ends in den USA überall verdrängt.
Der Angriff auf den Ballträger, das klassische Tackling also, hat eine völlig neue Facette erhalten. Zu unserer aktiven Zeit (und auch noch länger danach) ging der Verteidiger mit voller Wucht auf den Ballträger. Je härter der Tackle, desto besser. Mittlerweile geht der Tackle in erster Linie auf den Ball. Nicht der harte Hit steht mehr im Vordergrund, sondern das Ziel ist der Ball, der dem Ballträger entweder entrissen oder aus den Händen geschlagen werden soll. Das führt fast zwangsläufig zu einer Häufung von Fumbles oder zu inkompletten Pässen, wenn der Verteidiger das richtige Timing beim Tackle auf den Receiver hat.
Videobeweise gab es natürlich in den 90er-Jahren ebenfalls noch nicht, genauso wenig, wie die Möglichkeit der Coaches, einen Spielzug zu challengen, wenn sie der Meinung sind, dass die Schiedsrichter eine Fehlentscheidung getroffen haben.
Äußerst nervig ist es auch, dass die Werbung in den USA immer mehr überhand nimmt. Da steht am Spielfeldrand ein Kerl und diktiert den Referees, wann und wie lange eine Werbeunterbrechung stattzufinden hat. Das führte in den letzten Jahren dazu, dass Footballspiele in der NFL oder in der NCAA statt knapp drei Stunden mittlerweile bis zu viereinhalb Stunden dauern. Das ist besonders “angenehm”, wenn Du im Dezember in Michigan in einem kleinen College-Stadion bei minus 15 Grad Celsius auf einer Alubank sitzt.
Das von uns schon lange beobachtete „Coaching per Pictures“, wo der Offense drei verschiedene Bilder von der Sideline gezeigt werden und eines davon ist das „Play“, hat es vom College nicht in die NFL geschafft.